Das Milliardengrab in Bremerhaven


Offener Brief an den Bremerhavener Oberbürgermeister


 

Prof. Dr. Jürgen Milchert
Bremerhaven, den 30.1.1999
27580 Bremerhaven

Herrn
Oberbürgermeister
Manfred Richter
Stadthaus 1
Postfach
27580 Bremerhaven

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Richter,

Beim diesjährigen Neujahrsempfanges des Magistrates haben Sie eine Schimpfrede gegen jene Bürger Bremerhavens gehalten, die den Oceanpark als Fehlentscheidung ablehnen. Ich möchte mich nicht mit Ihrer persönlichen Schelte gegen mich beschäftigen, sie fällt - wie Sie an Ihrem spärlichen Beifall gemerkt haben sollten - ohnehin auf den Redner zurück. Spannender hätte ich es gefunden, wenn Sie sich mit meinen Argumenten gegen den Oceanpark auseinandergesetzt hätten. Im Interesse der politischen Kultur dieser Stadt, muß ich Sie jedoch mit diesem offenen Brief an Ihre wichtigste Aufgabe erinnern:

Die vornehmste Pflicht eines Oberbürgermeisters - zumal in einer Magistratsverfasssung - liegt darin, zwischen den verschiedenen Meinungen und Interessen einer Bürgerschaft zu vermitteln. Zusätzlich Öl ins Feuer zu gießen, zu polarisieren und die rund 17000 Bürger auszugrenzen, die in demokratischer Weise einen Bürgerentscheid gegen den Oceanpark durchgesetzt haben, ist nicht nur unanständig, sondern auch politisch unklug. Sie werden inzwischen gemerkt haben, das Sie mit Ihrer Rede die Schleusen für eine Schlamm- und Neidkampagne geöffnet haben. Wie wollen Sie denn eigentlich Stadtmarketing betreiben, wie wollen Sie diese Stadt bundesweit positiv ins Gespräch bringen, wenn Sie Gräben zwischen den Bürgern vertiefen? Die besten Botschafter einer Stadt sind Ihre Bürger! Die von Ihnen im Stil der Waschmittelwerbung verordnete Reklamekampagne für Bremerhaven scheint mir dagegen so teuer wie wirkungslos. Der Magistrat muß mit den Bürgern dieser Stadt auch nach dem Bürgerentscheid leben. Unklugerweise haben Sie Ihr politisches Schicksal an die Errichtung des Ozeanparks geknüpft. Trotzdem erwarte ich von einem Oberbürgermeister, daß er die Argumente, Ängste und Sorgen einer Bevölkerung ernst nimmt. An Ihrer Stelle hätte ich mich über das vielschichtige Engagement der Bremerhavener gefreut und dies nicht als Gejammer abgetan.

Erschreckt hat mich Ihre kleinkarierte Presseschelte. Glücklicherweise leben wir nicht mehr in einem Obrigkeitsstaat, sondern in einer freien pluralistischen Gesellschaft. Insbesondere für eine problembeladene Stadt wie Bremerhaven ist das offene Wort lebensnotwendig. Die freie Meinungsäußerung, der angstfreie Diskurs, eine freie Presse trägt ganz wesentlich dazu bei, daß Aufbruchstimmung entstehen kann, die eigener Überzeugung und nicht fremder Überredung entspringt. Ich hoffe, kein Verleger, kein Redakteur und kein Bürger hat sich von Ihrer Presseschelte beeindrucken lassen. Als Zeitungsabonnenten erwarten wir, daß unsere Presse facettenreich über den Oceanpark und seine Probleme berichtet. Auch unbequeme Meinungen müssen veröffentlicht werden. Ich jedenfalls werde mich auch weiterhin mit den Unsinnigkeiten des Oceanparkes auseinandersetzen und meine Argumente in Leserbriefen zur Diskussion stellen.

Besinnen Sie sich, verehrter Herr Oberbürgermeister, auf die Aufgabe Ihres Amtes, zwischen den Bürgern zu vermitteln und verschiedene Meinungen zu moderieren. Wir sind als Bürger dieser Stadt nach wie vor bereit, uns mit Ihren Argumenten auseinanderzusetzen, erwarten dies aber umgekehrt auch von Ihnen. Da uns Gegnern des Oceanparks gebetsmühlenhaft vorgehalten wird, wir besäßen keine Alternativen, habe ich meine persönlichen Vorschläge zur Entwicklung der Bremerhavener Innenstadt zu Ihrer Information beigelegt.

Mit freundlichem Gruß

(Prof. Dr. Jürgen Milchert)
 

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