Internet-Foren

J'accuse


12.11.2001

J'accuse

11.11.2001
Aus aktuellem Anlaß bringe ich hier einen Text, der für einen späteren Zeitpunkt geplant war: Vorgänge in gewissen Foren zwingen dazu, sich sehr intensiv mit ihren jeweiligen Hintergründen zu beschäftigen. Insider werden die zugrundeliegenden Fakten wiedererkennen. Zu gegebener Zeit werde ich auf Details eingehen...



Anziehungskraft

Foren haben eine magische Anziehungskraft. Sie sind eine Selektion. Sie sind ein Stammtisch-Ersatz. Kein Wunder, daß sich Stammtischler und Stammtisch-Manieren breitmachen. Und Stammtisch-Intelligenz. Kurz: Bodensatz.

Fragt man einen der dort Schreibenden etwas per Email, bekommt man keine Antwort. 1, 2, 3, 4, viele Emails - immer das gleiche Resultat: keine Antwort. Warum ist das so ?: Weil die Stammtischler sich nur am Stammtisch präsentieren können und wollen. Mehr ist bei ihnen "nicht drin".

Wer nicht zur Clique dazugehört, wird schnell rausgeekelt, sollte er auch nur die geringste Abweichung bieten. Pöbeln und Mobbing - tägliches Schauspiel in den Foren. Und es bleibt nicht dabei! Telefonterror und auch Androhung von Gewalt sind an der Tagesordnung.

Wer sich in diesem Klima wohlfühlt... Nun denn, es gibt auch Leute, die sich zum Vergnügen in das Rotlichtmilieu begeben.

Der Grad der Ausbildung spielt dabei eine untergeordnetet Rolle. Die Bildung schon eher... Aber die ist selten...

Daraus folgt : Wer sich in Foren Hilfe erhofft, wird selten fündig. Die medizinischen Foren sind ohnehin das Jagdgebiet der Heilpfuscher und Mittelchenverkäufer.

Kern und Ursache allen Übels sind die Betreiber der Foren und die Moderatoren. Zu oft sind sie in die Machenschaften verwickelt. Zu oft spielt vor allem das Geld eine Rolle. Und die Esoterik.

Fachwissen ist selten anzutreffen. Manche Web-Sites sind sogar völlig frei davon.



Welche Anziehungskraft übt ein Forum aus?
Wieviele Menschen kommen in einem Forum zusammen?

Beides schwer zu beantwortende Fragen. Womit sollte man die Anziehungskraft messen und wie die Zahlen der Leser?

Hierzu eine Exkursion in Werbung.

Für Werbung werden alle möglichen technischen Tricks benutzt. Die Surfer sollen ausspioniert werden. Manche Web-Sites verpassen jedem surfer beim Betreten (= beim Lesen der 1. Web-Seite) eine Nummer zur Identifikation. Diese Nummer wird vom Browser mit angegeben als Teil der URL (= Internet-Adresse der anzuklickenden Web-Seite), wenn man die nächste Seite laden will. Die Nummer wird "Session-ID" genannt. Dieser Ausdruck wird manchmal vollständig angegeben, oft abgekürzt (zB als "sess-id") oder auch gar nicht angegeben (dann ist die URL eine sehr lange, verworrene Nummer).

Den Betreibern der Foren geht es um Geld. Geld zahlt nicht der Surfer, sondern Firmen, deren Werbung in die Forenseiten eingeblendet werden. Der Preis wird bezahlt pro 1.000 Einblendungen oder pro Zeiteinheit (zB 1 Monat), in dem die Werbung erscheint. Seiten, die niemand liest - oder das falsche Publikum -, lassen sich nicht verkaufen. Den Nachweis, daß die Seiten gelesen werden - und daß sie bitteschön auch GERN! gelesen werden -, muß der Betreiber erbringen. Ein Mittel ist die Session-ID. Eine Zahl, mit der die Bereiber von Foren im speziellen und von Web-Sites im allgemeinen gerne angeben, ist der "hit-count", die Zahl der "hits".

Was ist ein "hit" ? Im einfachsten Fall enthält eine Web-Seite ausschließlich Text. Wird diese Seite gelesen, wird der Zähler um 1 hochgezählt. 1000x die Seite lesen = "1000" auf dem Zähler.

Damit haben wir schon die erste Möglichkeit zur Manipulation: Texte in viele winzige Portionen zu zerlegen. Manche Autoren (wie Nielsen) propagieren dies. Angeblich wollen die Leser kleine Seiten, wollen schnell lesen, wollen alles und schnell und gleich und auf der Stelle. Also typisch "Modell BILD-Zeitung", wo die Überschrift schon der gesamte Text ist.

Aber wollen die Leser das wirklich? Und wenn ja, soll man sich darauf einlassen? Es gibt Leute, die meinen, das unbedingt tun zu müssen. Die Folge sind über Dutzende von verschandelten Seiten verteilte Texte, die zu laden ein Geduldsspiel ist. Beschäftigungstherapie.

Soll man sich als verantwortungsvoller Betreiber einer Web-Site diesem Schwachsinn unterwerfen? Nein! Wir sind der Meinung, daß Ziel des Schreibens und des Publizierens immer der Text ist. Ist der Text kurz, dann ist er kurz. Ist er lang, dann ist er lang. Aber es ist und bleibt immer EIN Text. Ist ein Text 200 KiloBytes lang, dann ist er das AM STÜCK, als EIN File. Das läßt sich leicht laden, leicht off-line lesen. Aus diesem Grund sind auf dem Antares Real Estate InfoPlex manche Files mehrere Hundert KiloByte groß. Antares Real Estate, der Sponsor, macht keine Werbung und zwingt die Clients nicht zu Werbung. Wir Clients dürfen schreiben, wie wir wollen. Auf dem InfoPlex finden Sie sogar Text-Seiten jenseits von 1 MegaByte Größe.

Zurück zu den "hit-counts". Hohe Zahlen lassen sich durch viele kleine Text-Fetzen erreichen. Achten Sie bei Zeitschriften auf die Web-Seiten!

Eine andere in den "hit-counts" verborgene Sache sind Bilder. Bilder sind aber nicht nur die Dinge, die Sie auf dem Bildschirm sehen. Bilder können auch sein winzige Quadrate von nur 1 Bildpunkt (= 1 Pixel) Ausdehnung! Ob Sie 10 oder 100 in einer Web-Seite unterbringen, der Leser hat nichts davon - aber der Hitcounter rotiert... Oft werden Bilder nicht am Stück gebracht, sondern aus Teilen zusammengesetzt. Noch eine Linie hier und eine Linie da... schon werden aus EINER Textseite problemlos 10 oder 20 Zählerpunkte auf dem Hitcounter.

So gesehen hat die Optik vieler Web-Seiten einen ganz anderen Hintergrund...

Unsichtbare Bilder (meist die mit 1 Pixel Größe) sind besonders tückisch: Sie werden benutzt, um den Leser gezielt auszuspionieren. Zum Beispiel wird Email mißbraucht, um HTML-Seiten zu verschicken. Diese HTML-Seiten erhält der Empfänger aber nur als den Source-Code, als den reinen HTML-Text. Alle Bilder fehlen. Liest der Empfänger die Email während er online-ist, werden diese Bilder nachgeladen. In ECHTZEIT! Der Betreiber des Servers, kann anhand der Bilder, die abgerufen werden, genau sehen, wann der Empfänger der Email die Email liest. Er kann sogar noch mehr: Viele Angestellte lassen sich ihre Email an anonyme WWW-Server schicken. Wenn sie ins Netz gehen, tun sie das aber über ihren normalen Internet-Provider. In dem Moment, wo sie ins Netz gehen, erhalten sie eine IP, die entweder immer oder für diese Session konstant ist - oder die vom Provider laufend gewechselt wird (was bei vielen Providern der Fall ist). Der Server-Betreiber kann anhand seiner Log-Files also zumindest die IP des Internet-Providers erkennen. Die Anonymisierung wird gezielt umgangen.

Mehrere Server-Betreiber zusammen können Bewegungsprofile erstellen. Und genau das wird gemacht!

Die unsichtbaren Bilder ("Web-Bugs" genannt) sind Spionagewerkzeuge. Es gibt inzwischen Filter, die sie entfernen, und es gibt Programme, die bei ihrem Auftauchen Warnungen auf den Schirm schreiben.

Liest man Email offline, werden die Web-Bugs nicht nachgeladen. Es ist ja keine Verbindung da. Ist man aber darauf angewiesen, die Email online zu lesen, zB weil man seine Mailbox bei einem web-based Provider hat, dann gibt es nur eines: Bilder abschalten!

Bilder abschalten kann man aber nur an seinem eigenen Computer. In Internet-Cafés und in der Firma geht das nicht. Dort haben die Systemadministratoren das Kommando. Die stellen die Rechner nach IHREM Geschmack ein - und der Rest der Welt hat zu kuschen.

Das erklärt auch, warum so viele Firmen Schwierigkeiten mit der Sicherheit haben oder mit der EDV im allgemeinen... Sicherheitsdenken ist absolute Mangelware. Die meisten Administratoren sind weltfremde Totalversager.

Nach aktuellen Meldungen ist rund 1/9 der mit dem IIS von Microsoft betriebenen Web-Server durch Viren verseucht. Der Schaden pro Jahr geht in den mehrstelligen Milliarden-Dollar-Bereich. Sicherheitsdenken ist absolute Mangelware!

Zurück zu den "hit-counts". Das Zerkleinern der Texte und die vielen Grafiken führen die "hit-counts" als Zählmedium ad absurdum. Eine andere Zählmethode geht nur von den Seiten aus: "page-counts". Wie das Zerlegen der Texte in kleine Stücke zeigt, ist diese Zählmethode aber ebenfalls völlig wertlos.

Benutzt man die IP der Leser und zählt diejenigen Leser, die mit jeweils der gleichen IP die Seiten vom Server laden, ist man auch nicht viel besser dran. Warum? Weil die dynamische Vergabe der IPs dafür sorgt, daß eine Person alle paar Minuten eine neue IP erhält...

Die Session-ID ist da viel präziser. Und - wegen der "Profil"-Erzeugung" - gefährlicher für den Leser!

Vergessen Sie die vielen Zahlen, mit denen die Betreiber angeben. Sie alle sagen nichts brauchbares aus. Am wenigsten sagen die Zahlen etwas über Seriosität und Brauchbarkeit der Inhalte der Seiten aus...

Noch ein Beispiel für "hit-counts". Nehmen wir an, es gäbe ein Forum, das ausschließlich reine Text-Seiten hat. Ist die Zahl der abgerufenen Seiten ein Maß für die Beliebtheit dieses Forums?

Fangen wir ab einem Zustand null an: Das Forum ist leer. Der 1. Surfer kommt, sieht nichts - und schreibt einen Beitrag. Damit steht 1 Beitrag im Forum.

Kommt DIESER Surfer wieder vorbei, sieht er seine eigenen Beitrag. Wird er den Lesen? Nein, nicht anzunehmen. Aber er liest die Inhaltsseite! Und schon wird der Zähler um 1 hochgezählt. Ein einsamer Surfer, der Tag für Tag nachsieht, ob jemand geantwortet hat, schraubt den Zähler hoch.

So wird aus einem Nichts problemlos ein Zählerstand von 10 Punkten pro Tag und von 300 Punkten pro Monat. Und das bei einem einzigen Surfer.

Steuern mehr Surfer das Forum an, steigt mit jedem von ihnen die Zahl der gelesenen Seiten um 10 am Tag und 300 im Monat. Nichts neues im Forum und doch - bei nur 10 Surfern - ein Zählerstand von 3000 gelesenen Seiten am Monatsende...

Lassen wir jeden der Zehn 1x am Tag eine Seite schreiben, folgen daraus 

       10 Surfer x 10x Inhaltsseite 
     + 10 Surfer x  9  fremde Seiten 
   ---------------------------------
   =  190 Seiten pro Tag
   = 5700 Seiten pro Monat

So läßt eine winzige Gruppe die Zähler hochlaufen. Sie werden vielleicht monieren, daß es eher unwahrscheinlich ist, daß - wie im 1. Beispiel - ein einzelner Surfer im Laufe des Tages 10x nachsieht, ob etwas neues da ist. Das stimmt. Aber wenn er gerade einen Beitrag geschrieben hat und diesen oder jenen anderen gelesen hat, ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß ein Surfer nachsieht, ob WÄHREND seiner Anwesenheit ein Anderer einen neuen Beitrag geschrieben hat. Es ist eine Art Pingpong-Spiel.

Die Sache ist aber noch komplizierter. So gibt es Foren, bei denen der Schreiber eines Beitrags seinen neuen Text erst einmal KORRIGIEREN kann. Diese Korrekturseite zählt natürlich...

Es soll Foren geben, die IMMER eine Korrekturseite ausgeben lassen, obwohl der Beitrag gar nicht mehr korrigiert werden kann...

Noch ein technischer Trick bewirkt ein Hochzählen: das automatische Nachladen der neuen Inhaltsseite, in der der neue Beitrag eingetragen ist.

Auch das Laden des Formulars zum Schreiben des Beitrags zählt...

Eine Handvoll Surfer - und schon sind Zahlen über 10.000 Seiten pro Monat ein Klacks.



Die Inhalte der meisten Forenbeiträge erfordern einen starken Magen: nichtssagende Sätze, oft nur Halbsätze. Wirklich lesenswerte Beiträge sind sehr selten. Auch dies führt dazu, daß auf Dauer nur eine bestimmte Spezies in den Foren zu finden ist: Menschen, für die DIESE Inhalte ihrem geistigen Niveau entsprechen. Stellen Sie sich das gesamte Gesprächskontingent eines Stammtischabends mit Big-Brother-Niveau vor, satzweise zerlegt, und jeden dieser Sätze als einen Forumsbeitrag. So sehen viele Foren aus...

Natürlich werden Sie, wenn Sie nicht gerade zu dieser Spezies gehören, solche Foren meiden - früher oder später. Aber was tun Sie, wenn diese Spezies in Ihr Forum eindringt? Wie werden Sie diese Leute wieder los?

Diese Frage ist nicht so trivial, wie Sie vielleicht denken. Die meisten Foren-Moderatoren scheitern daran - und vor allem die Surfer. Das Ignorieren solcher störenden Beiträge ist eine Möglichkeit, aber sie reicht oft nicht aus, weil in der Masse des Mülls die guten Beiträge kaum noch zu finden sind. Beredtes Beispiel hierfür sind die Foren der Parteien: Tausende von Beiträgen im Forum und nicht einmal eine Handvoll ist lesenswert.

Was tun? Löschen! Leicht gesagt, schwer getan. Wie bewertet man Beiträge, nach welchem Kriterium wirft man sie raus?

Viele Foren arbeiten nach dem Datum und löschen Beiträge nach einer bestimmten Zahl von Tagen. Was so einfach und logisch aussieht - und für die Moderatoren HERRLICHST bequem -, ist in Wahrheit nicht nur ein fauler Zauber, sondern ein Töter guter Beiträge und ein Zerstörer eines wertvollen Informationsangebots. Früher oder später ist es den Teilnehmern nämlich zu dumm, immer neue Beiträge zu schreiben, viel Zeit dafür zu opfern, um dann diese Beiträge nach einer mehr oder weniger kurzen Zeit im Orkus verschwinden zu sehen. Das Löschen nach Zeit führt zu Stammtischgeschwätz und zu Stammtischniveau.

Die FDP hat es mit einem aktiven Forum versucht, dem ein Archiv (http://www.liberale.de/df/archiv.topics.phtml) angegliedert ist, das nur gelesen werden kann. Im aktiven Bereich kann geschrieben werden. Dort wird nach Zeit gelöscht. ABER gute Beiträge werden ins Archiv gestellt und bleiben erhalten. Das hebt das Niveau deutlich. Die Wirkung ist nicht sofort zu sehen, sondern erst im Lauf von Monaten.



Sammelleidenschaft

Viele Foren sammeln ALLE Beiträge. Darunter sind auch Foren, denen man nicht ansieht, daß sie Werbung betreiben. Und doch geht es um's Geld! Es gibt mehrere Möglichkeiten:

Der 2. Fall scheint Illusion. Wer könnte es sich leisten, Foren zu verschenken?

Der Trick des 2. Falls: Es werden Surfer angelockt. Diese Surfer werden früher oder später auf andere Sites gelotst. Die Betreiber dieser anderen Sites sind zahlende Kunden.



Das große Geld - und wie man es macht

Nehmen wir einen Server, auf dem ein Platz von 1 GigaByte zur Verfügung steht, die aber nicht genutzt werden. Das geht ganz schnell, weil der Server gemietet wird und nun mal eine Festplatte mit 1 GigaByte eingebaut hat.

Der Platz, den der Anbieter vermieten kann, ist relativ klein, sei es, weil er noch relativ unbekannt ist, sei es, weil die Kunden nur kleine Portionen mieten. Dann ist der Rest der Platte ungenutzt. Die Web-Seiten der Kunden werden nur selten gelesen. Wie kann man die ungenutzte Kapazität sinnvoll einsetzen?: Indem man Foren anbietet...

Wie kann es sein, daß es viele Seiten gibt, die nur wenig Platz brauchen und die nur selten gelesen werden??? Sehr einfach: Die meisten Web-Seiten werden extrem selten gelesen, denn - von Ausnahmen abgesehen - das Internet ist so tot wie eine Bibliothek. Die Bestseller werden zerfleddert, so groß ist die Nachfrage, und 95 Prozent des Bestands setzen Staub an.

Viele Firmen haben Seiten im Web, weil sie meinen, das gehöre dazu und sie brauchten es UNBEDINGT!!!!! Die Seiten können sie nicht selbst machen, also lebt es sich ganz gut, wenn man ihnen die Seiten gestaltet. Gegen ein dickes Honorar, versteht sich.

Wenige Seiten für die Web-Site, dazu das bißchen Platz - dafür zahlte man 1996 noch um die 10.000 DM pro Jahr. Die Preise sind inzwischen gesunken, doch für Firmen sind Web-Sites nach wie vor eine teure Angelegenheit, weil wegen des fehlenden fachlichen Könnens die Seiten fast nie von eigenem Personal gemacht werden. Und wenn doch, dann sieht man es deutlich...

Der Platz für die Web-Sites wird vermietet. Dabei gibt es Obergrenzen. Bis zu soundsoviel MB Daten pro Monat kostet es soundsoviel DM Miete. Für diese Obergrenze muß der Betreiber des Servers geradestehen. Doch in den meisten Fällen ist die Zahl der gelesenen Seiten extrem gering. Die Überkapazität kann also in den Foren verprasst werden.

Selbstverständlich sind diese Foren kein Selbstzweck. Sie kostenlos anzubieten hat nur einen einzigen Sinn: Die Surfer süchtig zu machen. Irgendwann kommt der Punkt, an dem die Seiten der Foren entweder mit Werbung "angereichert" oder die Foren vermietet werden.

Die Phase des Köderns kann mehrere Jahre dauern. Dann werden die Geschäftsbedingungen geändert. Von vielleicht 50.000 oder 100.000 Foren bleiben noch 5.000 bis 10.000 übrig. Deren Betreiber zahlen...

Bei 60 DM pro Jahr gibt es für 1.000 Foren 60.000 DM. Damit läßt sich leben.

Eine andere Variante ist das Ködern trotz hoher Verluste. Die Verluste können mehrere Millionen US-$ pro Jahr betragen! Trotzdem rechnet es sich, wenn es gelingt, einen Käufer für das Objekt zu finden, der sich von den großen Leserzahlen blenden läßt und Berge von Geld auf den Tisch legt. In der Goldgräber-Phase des WWW sind viele Web-Space-Provider und Anbieter von Foren mit genau DIESEM Ziel gestartet. Ein paar haben viel Geld gewonnen, die meisten dürften mit tiefroten Zahlen abgestürzt sein.



Schon sind wir wieder beim Geld. Welchen Sinn hat der Betrieb eines Forums? Geld verdienen natürlich, durch das Einblenden von Werbung in die Web-Seiten.

Die Web-Seiten müssen für die Werbung präpariert werden. Die Werbung wird in Form von Bildern ("Bannern") bereitgestellt. Aus dem Vorrat an Bannern wird nach einem Schema dieses oder jenes Banner eingeblendet. Die Web-Seite selbst ist nur ein Source-Code, in den der Server die URLs der Banner AUTOMATISCH einfügt. Ein-und-dieselbe Web-Seite, immer wieder neu aufgerufen, enthält also im Grenzfall JEDES Mal neue URLs. Diese Banner zu laden kostet seine Zeit. Langes Laden ist lästig, zu viel Werbung in den Seiten auch. Deswegen bevorzugt die Werbeindustrie kleine Seiten. Einerseits zwingt man damit die Surfer, ständig neuen Seiten zu laden, weil sie weiterlesen wollen ("Fortsetzung folgt..."), andererseits ist durch kleine Seiten die Störung durch die Werbung gerade noch erträglich.

Text einzublenden ist leicht. Vor allem benötigt Werbetext extrem wenig Platz. Die Fläche für mehrere Wörter kostet ein paar Dutzend Bytes. Ein Bild für die gleiche Fläche verschlingt mehrere KiloBytes. Aber Werbung soll auffallen. Deswegen Bilder.

Dumme Designer machen dumme Seiten. Weil sie die Leser für ebensodumm halten wie sie selbst sind.

Aus diesem Grund werden kleine Seiten empfohlen.

Womit wir wieder bei den Foren und deren Inhalten sind.

Wer würde schon immer und immer wieder Werbung lesen? Niemand. Also bietet man dem Leser einen Köder.

Nun wissen wir aber, daß die Foren eine Selektion sind. Sind diese selektierten Surfer wirklich das, was sich die Werbenden als Zielgruppe wünschen? Nein, selbstverständlich nicht. Man sollte es ihnen bloß nicht verraten, sonst ist der Spaß vorbei...

In der Phase der Goldgräberstimmung, des schnellen Reichtums, Pardon, der Hoffnung auf den schnellen Reichtum, wurde pro vom Surfer geladenen oder angeklickten Banner teuer bezahlt. Preise von 5 Pfennig pro Klick waren keine Seltenheit.

Zu früh gefreut, die dicken Umsätze blieben aus. Die Preise stürzten in tiefste Tiefen.

Womit lockt man Leser? Mit Inhalten. Was sind Inhalte? Neuigkeiten, Nachrichten. Also das, was Nachrichtenagenturen jeden Tag liefern. Darum die Nachrichtenticker in so vielen Web-Sites. Um die Leute zu locken.

Der Haken an der Sache: Das kostet Geld. Die Betreiber der Web-Sites und Foren müssen für die Einblendung der Nachrichten bezahlen! Aber es gibt einen Ausweg: Die Surfer selbst liefern die Inhalte.

Web-Sites mit Inhalten müssen die Inhalte entweder selbst stellen oder ihn zukaufen. Foren dagegen profitieren von der Selbstdarstellungssucht der Teilnehmer und/oder von ihrer Hilfsbereitschaft. Letztere läßt sich beim Thema Medizin besonders intensiv ausnützen.

Oft sind auch die Moderatoren Freiwillige, die ohne einen einzigen Pfennig Lohn jeden Tag Stunden ihrer Zeit opfern (und die ihre Onlinekosten zahlen !).

Wo bleibt der Profit? Bei den Betreibern der Server und bei den Admins und den "Content-Managern". Gewinn machen die Betriebsgesellschaften keinen, zumindest nicht für das Finanzamt. Der Sinn liegt teilweise darin, eine Abschreibungsmöglichkeit zu bieten. Und dann zahlt man sich selbst ein Gehalt...

Selbstlos sind die meisten Foren nicht. Ihre Betreiber schon gar nicht. Die Freiwilligen bleiben auf der Strecke - und ganz besonders oft die Wahrheit. Denn nichts sehen die Betreiber so ungern wie Kritik und Kritik an der Werbung. Denn die Werbung bringt das Geld und die Industrie zahlt nur, wenn keiner die Produkte anzweifelt. So verkommen Medizinforen zur Werbeschleuder.





Aribert Deckers

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